Ich wache auf, weil meine rechte Hand schmerzt. Es ist sechs Uhr früh und ich hatte Nachtdienst. Ich habe vergessen, in dem Zimmer, wo ich mich um vier Uhr früh zum Schlafen hingelegt hab, die Rollos runter zu lassen, so dass die Morgensonne meine ungeschützte rechte Hand erwischt hat.
Für mich heißt das, dass ich den gesamten Tag mit brennenden Schmerzen zu kämpfen haben werde und jeder weitere Lichtkontakt umso schlimmer sein wird.
Ich kenne diese Schmerzen seit meinem 3 Lebensjahr. Es ist als würde man innerlich verbrennen, teilweise fühlt es sich wie Millionen von Nadelstichen an und manchmal habe ich das Gefühl, als wären alle betroffenen Stellen offen und jemand bürstet mit einer Metallbürste drüber.
Und das nach nur einigen Minuten Kontakt mit der Sonne.
Auch diesmal werde ich die letzten Stunden des Nachdienstes hinter mich bringen. Keiner wird wissen, dass meine rechte Hand brennt wie Feuer und keiner wird irgendetwas bemerken, da die Erkrankung bei mir fast nie sichtbare Symptome auslöst.
Ich werde auch nichts sagen, da dieser Zustand in den Sonnenmonaten (es beginnt meist Anfang März und hält bis September/Oktober an) mein Alltag ist.
Und wenn mich die Sonne mal erwischt hat, dann helfen keine Schmerzmittel. Das einzige, das etwas hilft sind dunkle Räume, Kühlung (hilft leider nur kurzfristig) und das war es dann auch schon wieder.
Ich werde zu Hause sitzen, versuchen mich ab zu lenken und im dunklen Zimmer warten bis es etwas besser wird. Abends im Bett wird jeder Teil meines Körpers brennen, sobald die Decke mich berührt bzw. meine Hände oder Füße auf dem Leintuch aufliegen, weil diese Wärme sich anfühlt als würde man ein heißes Eisen auf die betroffenen Stellen legen. Oft dauert dann das Einschlafen Stunden.
Schmerzen aushalten …. das ist es, was ich durch die EPP gelernt habe.
Ich habe erst vor einem Jahr andere Patienten mit derselben Erkrankung kennen gelernt. Bis dahin dachte ich, trotz meines Fachwissens als Ärztin, das ich mir die Stärke der Schmerzen nur einbilde bzw. einfach psychisch labil bin. Dazu muss man wissen, dass die meisten EPP Patienten, vor dem Zeitalter des Internets, eine diagnostische Odyssee durchmachen mussten, bevor die richtige Diagnose gestellt wurde. Häufig wurde man als verrückt, psychisch labil oder sogar als Simulant dargestellt. Die wenigsten Mediziner sehen in ihrer Arbeitslaufbahn einen EPP Patienten und sind auf die Fachliteratur angewiesen. Diese beschrieb bis in die 90er Jahre die EPP als leichte Form einer Porphyrie mit geringer Einschränkung der Lebensqualität.
Dies hatte zur Folge, dass auch das nahe Umfeld oft nicht verstand, warum man „bei dem bisserl Sonne “ schon solche Probleme machte. Ich habe mich dann oft geniert und mich einfach zusammengerissen und durchgehalten. Lieber Schmerzen als diese ungläubigen Blicke. Und irgendwann, glaubt man sich selbst nicht mehr……………………
Erst nach dem Treffen mit internationalen EPP-Experten, die mir immer wieder erklärten, dass die EPP eine schwere Strahlenerkrankung mit unerträglichen Schmerzen ist, begann ich mir wieder selber zu glauben. Durch den Kontakt mit anderen EPP Patienten erfuhr ich, dass viele ähnliches oder noch viel schlimmeres durchmachen mussten, z.B. wurde bei manchen Pat. die Diagnose erst im Erwachsenenalter gestellt. Unvorstellbar, was sie bis dahin mitgemacht haben müssen.
Trotzdem ich stark unter der EPP leide, habe ich durch diese chronische Krankheit gelernt, mich nicht einfach geschlagen zu geben. Ich bin durch Südostasien gereist, vermummt wie ein kleiner Ninja (zumindest nannten mich manche Laoten so), bewaffnet mit meinem beschichteten Schirm. Natürlich hatte ich trotz aller Vorsichtsmaßnahme immer wieder sehr starke Schmerzen, die mich dazu zwangen im verdunkelten Hotelzimmer zu bleiben, manchmal für Tage, denn auch eine Vermummung mit Hut, Schal, Gesichtsschutz, Mantel, langer Hose, Socken, Handschuhe und Schirm hilft nur teilweise. Aber das Gefühl zumindest einen Teil meiner Freiheit zurückerobert zu haben, war es das mehr als wert. .
Mich kosteten diese Reisen immer viel Kraft, aber ich zehre immer noch von den Bildern und den Erfahrungen, die ich dadurch machen konnte. Immer, wenn ich mit Schmerzen in meinem dunklen Zimmer sitze, denke ich an all die Orte, an denen ich war und träume mir einfach meine Freiheit wieder herbei.